Schutzanzug und Stroh formen seinen Körper
Elf fleißige Kerbborsche erschaffen den „Schobbeschorsch“
Von Ingrid Zöllner
Dietzenbach * Noch ist es knapp zwei Wochen hin, doch im Keller des Wirtshauses „Zur Linde“ geht es schon jetzt geheimnisvoll zu: Es ist der neue Sitz der Kerbborsche, seit die „Licher Pilsstube“ geschlossen hat. Elf von ihnen drängeln sich am Samstagnachmittag um einen Holzstuhl. Ein weißer Schutzanzug wird mit Stroh dick ausgestopft. Die Figur nimmt langsam Form an. Die Jungs ziehen ihr ein weißes Hemd, einen alten, hellbraunen Anzug, Tennissocken, Sportschuhe und Arbeitshandschuhe an. Sie basteln ihre Kerbbubb – im Geheimen, denn erst am Freilag, 29. Oktober, beim Kerbbaumstellen, tritt der Schobbeschorsch offiziell ins Licht der Öffentlichkeit. Noch fehlt ihm der Kopf, an den sich die Kerbborsche jetzt als nächstes machen. Ein umgedrehter Einkaufsbeutel wird dafür umfunktioniert. „Da kommt ja auch schon die Wirbelsäule“, ruft O. S., als Kerbborsch Christian Kraus mit einer Holzlatte ankommt. Die Puppe wird mit Draht an dem Stuhl festgezurrt. Schließlich muss sie während der Kerb einige Tage halten. Dieses Mal wird der Baum mit dem Schobbeschorsch bei der „Linde“ aufgestellt. Wirtin Ingrid Riedel ist damit zugleich die Kerbmodder. Tipps gibt es derweil von zwei alten Kerbborschen: Peter Maul und Anton Hammerl, Sie begutachten die Arbeit der Jungs und geben Hilfestellung: „Macht nicht zu viel Stroh hinein!“ Der Anzug vor dem Bauch ist so stark gespannt, als ob jeden Moment die Knöpfe abspringen könnten. „Jetzt gibt es das Facelifting“, meint Franz Weber, als der Stoffbeutel gestrafft wird. Das Gesicht verpasst S. der Figur mit einem schwarzen Stift. „Der sieht dann richtig schön doof aus“, sagt er zufrieden. Ein Hut komplettiert das Prachtstück. Die Kerbborsche treten ein Stück zurück und schauen sich ihr Werk an. „Der hat aber ordentlich Bauch“, bemerkt Maul. „Aber die Puppe sieht richtig gut aus“, sagt S., der 2005 und 2006 schon einmal Kerbborsch war. Bis zum Kerbfreitag wird die Puppe versteckt. Erst wenn sie hängt, darf sie von den alten Kerbborschen geklaut werden. „Früher wurde sie gegen Alkoholisches eingelöst. Inzwischen gibt es Kerbbobb gegen Essen“, sagt Gerolf Baum, Vorsitzender des Kerbvereins und Kerbborsch von 2005 und 2006. Doch bis dahin haben die Kerbborsche von diesem Jahr noch Zeit, ihre Lieder zu üben, die sie zur Kerb schmetternd vortragen. www.kerbborsche-dietzenbach.de
Die Bobb ist fertig, die Kerb kann kommen?! Ganz so schnell geht es dann doch nicht, denn bis zum bunten Treiben in der Altstadt vergehen noch knapp zwei Wochen. So lange wird Schobbeschorsch dann auch „untertauchen“ – an einem geheimen Ort, auf dass er nicht vorzeitig geklaut wird… F.: ing
Quelle: Offenbach Post 18.10.2010