Die Kerb war unser – 1980 sind 62er dran (1.11.1979)

Die Kerb war unser
1980 sind 62er dran

Die Kerb ’79 ist vorbei, die Kerbbobb ist verbrannt (und gebĂŒhrend betrauert und begossen worden). Am Freitag hatten die Kerbborschen vom Jahrgang ’78 sich den Baum aus dem Wald geholt, aufgestellt vor der Licher Pilsstube in der Frankfurter Straße, wo „Kerbvadder“ Horst Buch residierte‚ die Bobb hochgehievt. FĂŒr so viel Fleiß und Anstrengung belohnte sie der Kerbvadder mit einer krĂ€ftigen Erbsensuppe. Ihm ist der alte Kerbbrauch ein Herzensanliegen. „Wir wollen die Kerb doch wieder hochbringen“, die alte, eingeschlafene, immer mal wieder aufflackernde Tradition soll auf Dauer wieder lebendig werden.

In voller Kerbborschepracht, mit StrohhĂŒten und den SchĂ€rpen, hörten sich dann spĂ€ter die Kerbborsche die „Kerbrede“ an, die Rainer Wagner ihnen und den „hochverehrten KirchweihgĂ€sten“ hielt. Rainer Wagner gehört zum Ildt—Club, der 1978 die ersten Kerbborschen seit langem stellte und auch diesmal krĂ€ftig mitwirkte. Feierlich ernannte er Horst Buch zum „Ehrenkerbborschen“. Wie in alten Zeiten wurde den MĂ€dchen Böses angedroht: ihr Bursch werde bei der Kerb nur mit anderen tanzen. Doch ist anzunehmen, daß sich schon die GroßmĂŒtter und UrgroßmĂŒtter wenig aus solchen „Drohungen“ gemacht haben, die wenigen anwesenden MĂ€dchen lĂ€chelten nur lĂ€ssig.

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Nach alter Tradition ließ Rainer Wagner das vergangene Jahr noch einmal vorĂŒberziehen, und jeder bekam sein Fett ab und das GelĂ€chter wurde immer vergnĂŒgter. Die Burschen stimmten das Kerblied an, und feierlich wurde verkĂŒndet: „Somit ist die Kerb 1979
eröffnet.“

Von SG-Fanfaren geweckt

„Von Frankfurt bis nach Messenhausen soll man die Musikanten hören“, hatte es am Freitagabend in der Kerbrede geheißen. Und war die Musik zum Kerbtanz auf dem Wingertsberg, in der SG-Halle, in Alt-Dietzenbach schon recht krĂ€ftig, so war der Weckruf des SG-Fanfaren- und Spielmannszuges am Sonntag, wenn auch nicht bis nach Messenhausen‚ so doch straßenweit zu hören.

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ZunĂ€chst allerdings hatte es vorm Kerbbaum lange Gesichter gegeben: die Bobb war weg. Trotzdem ließ es sich Albert Meister nicht verdrießen: Er blies den Weckruf mit der Fanfare, der Kerbvadder und Frau Henny drehten ein EhrentĂ€nzchen. Dann ging‘s los:
Der Fanfarenzug, sonst in schmuckem Blau, bot ein lustiges Bild in gestreiften, geblĂŒmten oder gar rĂŒschenverzierten Nachthemden zog er mit krĂ€ftigem Spiel durch die Straßen, die Kerbborsche mit dem Selleriekranz und dem Leiterwagen mit dem Kerbkuchen hinterdrein‚ ihnen folgten die Kerbborsehen 78 vom Ildt-Club, die Schoppenranchers, die Grottenmolche. Vorneweg fuhr Schorsch Ruchti als „Schrittmaeher“ und ab und zu machte er sogar Verkehrspolizist, um den lustigen Zug ĂŒber gefĂ€hrliche Kreuzungen zu lotsen.

Erster Halt „beim Eckert“, wo der Kerbkranz, wie eh und je – „seit Ewigkeiten“, meinte Alfred Eckert – und natĂŒrlich gab er als Dank fĂŒr das StĂ€ndchen einen aus und auch noch was in die Kerbkasse – und bekam gleich noch ein StĂ€ndchen.
Weiter zog der lustige Zug, Meister Albert dirigierte ab und zu vom Leiterwagen aus, den Christa Jungermann zog, begleitet von drei hĂŒbschen kerzentragenden MĂ€dchen, zum „Alt-Dietzenbach“, wo sich die ganze Zeremonie wiederholte. Gleich um die Ecke herum wurde EhrenstabfĂŒhrer Jakob Wolf ein Besuch abgestattet. Er ergrifft selbst den Taktstock und dirigierte „seine“ Musikanten.

Vorm „Wienerwald“ wurde nochmals krĂ€ftig gefeiert, dann wurde beim „Treppchen“ Schluß gemacht. Auch hier gab’s ein StĂ€ndchen, einen krĂ€ftigen Schluck zur Belohnung, aus der BĂ€ckerei Staab wurden Berge von Kreppel herĂŒbergebracht und verteilt.

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Die „Bobb“ ist natĂŒrlich wieder aufgetaucht, die Burschen vom Vorjahr, der Ildt-Club, hatte sie gemopst, das Rauben der Bobb gehört zur Tradition und natĂŒrlich auch das WiederzurĂŒckfinden — sonst könnte sie ja nicht verbrannt werden.

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Text: Gudrun Ludewig
Fotos: Peter Keller

Quelle: Dietzenbacher Stadtanzeiger – Donnerstag, 1. November 1979